Münchner Mannschaftsmeisterschaft 2012

Stühlerücken in den Münchner Ligen?

Dienstag, 10. April 2012 | von Michael Reiß

Mit komplizierter Abstiegsarithmetik muss sich derzeit die Spielleitung des Schachbezirks München beschäftigen. Bereits vor der Abschlussrunde am kommenden Sonntag (15. April) stehen drei überregional spielende Münchner Mannschaften in ihren jeweiligen Ligen bzw. Staffeln als Absteiger fest; weitere drei müssen noch um den Klassenerhalt bangen. Reißen alle Stricke, schlägt eine Kettenreaktion von der 2. Bundesliga Ost bis auf die Regionalliga Süd-West durch und führt dort zum Abstieg von gleich zwei Mannschaften in die Münchner Bezirksliga.
Zusätzlich steht ein Wechsel des SK Germering vom Schachbezirk Oberbayern in den Schachbezirk München im Raum. Entschließt sich Germering zum Wechsel, müssen mindestens drei, möglicher­weise sogar vier Germeringer Mannschaften entsprechend ihrer Spielstärke in die Münchner Ligen eingeordnet werden. In einem Schreiben stimmt der 2. Bezirksspielleiter Jan Englert die Vor­sitzenden und Mannschaftsführer der Münchner Vereine vorsorglich schon einmal auf den „worst case“ ein: Den Münchner Ligen droht ein Stühlerücken in Form erweiterter Abstiege. Womöglich kommt alles aber doch nicht so schlimm wie befürchtet.

Fortsetzung:

Wenigstens aus Richtung der 1. Schach-Bundesliga droht diesmal kein Ungemach: Es gibt dort schlicht keine Mannschaften aus dem Bayerischen Schachbund mehr, die Bundesliga ist quasi „bayernfrei“ ...
Anders in der 2. Bundesliga: Die bayerischen Vereine sind heuer alle in der Staffel Ost untergebracht, und schon vor der Abschlussrunde am kommenden Sonntag (15. April) steht dort der Abstieg von Tarrasch-1945 München (Rang 9) und Noris-Tarrasch Nürnberg (10) in die bayerische Oberliga fest. Laut DSB-Turnierordnung steigen „die drei letztplatzierten Mannschaften in die zugehörigen Regionalbereiche ab“. Es könnte also auch noch die 1. Mannschaft des SC Garching erwischen, die aktuell auf dem 7. Platz liegt. Im Fernduell um den Klassenerhalt mit König Plauen (Rang 8) empfangen die Garchinger am Sonntag den Drittplatzierten Forchheim; die Plauener hingegen spielen in München gegen Tarrasch-1945. Vergleicht man die Stammaufstellungen von Plauen und Tarrasch, muss man wohl von einem Sieg der Sachsen ausgehen. Garching wird also ein Unentschieden gegen Forchheim kaum reichen; ein Sieg muss her ... In Anbetracht der letzten Ergebnisse der Garchinger erscheint dieser jedoch keineswegs als ausgeschlossen, erst recht nicht, wenn Garching am Spitzenbrett wieder seinen starken tschechischen GM Jiří Stocek (Elo 2606!) aufbieten kann. Wie soll man hier wetten? Die Chance auf den Klassenerhalt liegt für Garching wohl bei fifty-fifty.

Grafik: Hierarchische Struktur der Schachligen

What goes up must come down: Auf diesem Pfad steigen Mannschaften
aus dem Schachbezirk München auf - und auch wieder ab ...

Gelingt der Klassenerhalt nicht, und Garching muss Tarrasch München und NT Nürnberg in die (einteilige) bayerische Oberliga begleiten, steigen von dort ebenfalls drei Mannschaften ab. Nach derzeitigem Stand wären dies Würzburg (Rang 10), das als Absteiger bereits feststeht, sowie Bad Königshofen (8) und Rottal (9). Da nur die Mannschaft aus Rottal in die Landesliga Süd absteigen würde (Würzburg u. Bad Königshofen in die Landesliga Nord), wären die Auswirkungen für München nicht so dramatisch. Allerdings besteht noch die Möglichkeit, dass Bad Königshofen am kommenden Sonntag die siebtplatzierte Mannschaft aus Pang/Rosenheim überholt. Voraussetzung hierfür wäre eine Niederlage Pangs in Würzburg, sowie ein gleichzeitiger Sieg von Bad Königshofen beim SC Rottal. Würde es so kommen, wäre Phase 2 der befürchteten Kettenreaktion erreicht: Pang/RO entstammt dem Schachbezirk Oberbayern und müsste wie Rottal hinunter in die Landesliga Süd ...
Nun ist es schon schwer vorstellbar, dass die gestandenen Panger in Würzburg nicht wenigstens ein Unentschieden ergattern. Und dann müsste Bad Königshofen ja auch noch eine Mannschaft mit Siegesgarantie (sprich: eine teure Mannschaft) zum SC Rottal in's weit entfernte niederbayerische Pfarrkirchen bringen. Ob die Königshofener einen solchen Kraftakt überhaupt stemmen wollen bzw. können, ist doch sehr fraglich.

Jedoch ist (auch und besonders im Schach) nichts unmöglich, also muss auch der Fall von zwei Absteigern in die Landesliga Süd bedacht werden. Die BSB-Turnierordnung sieht hierzu vor: „Aus der Landesliga und der Regionalliga steigen so viele Mannschaften ab, dass jede Gruppe erneut zehn Mannschaften umfasst.“ Wir rechnen:
Die Landesliga Süd umfasst zehn Mannschaften. Eine Mannschaft darf in die Oberliga aufsteigen, 10-1=9. Zur Landesliga Süd hinzu kommen zwei Absteiger aus der Oberliga plus je ein Aufsteiger aus den Regionalligen Süd-Ost und Süd-West, macht 9+2+2=13. Demnach würden drei Teams aus der „LLS“ absteigen. Nach der aktuellen Tabelle wären dies neben Sendling (Rang 10, steht bereits als Absteiger fest) auch Tarrasch München II (8) und Landshut (9). Ob sich an der Belegung der Plätze 7-9 noch etwas ändert, steht dahin: Um einen Tabellenplatz gutzumachen, müsste Landshut am Sonntag sein Heimspiel gegen Weilheim hoch gewinnen, würde aber zusätzlich eine Niederlage von Tarrasch II gegen Unterhaching benötigen. Tarrasch wiederum könnte den Siebtplatzierten Haunstetten nur überholen bei einem eigenen Sieg gegen Unterhaching, sowie einer Niederlage der Haunstettener in Krumbach.

Relevant ist im Rahmen unserer Betrachtung ohnehin nur ein Abstieg von Tarrasch München II, das dann Sendling in die Regionalliga Süd-West folgen würde - dies wäre Phase 3 der Kettenreaktion. Bei zwei Absteigern in die „RLSW“ greift dort derselbe Turnierordnungs-Paragraph wie in der Landesliga. Wir rechnen:
Die Regionalliga Süd-West umfasst zehn Mannschaften. Eine Mannschaft darf in die Landesliga Süd aufsteigen, 10-1=9. Zur Regionalliga Süd-West hinzu kommen zwei Absteiger aus der Landesliga Süd plus je ein Aufsteiger aus der Bezirksliga München und der Schwabenliga 1, macht 9+2+2=13. Demnach würden drei Teams aus der RLSW absteigen. Als Absteiger fest steht dort bereits die 1. Mannschaft der SG Schwabing München Nord (Rang 10). Akut gefährdet sind weiterhin Roter Turm I (8) sowie Krumbach II. In der Abschlussrunde am kommenden Sonntag müssen die „Türme“ sogar um ihren 8. Platz fürchten: Mehr als eine Niederlage gegen Tabellenführer München Südost (mit den GMs Dragan Kosic/DWZ 2526 und Vladimir Kostic/2379 an 1 und 2) wäre eine schließlich eine Überraschung ... Man muss also auf Schützenhilfe von Garching II hoffen, das durch einen Auswärtssieg in Krumbach die Gastgeber auf dem 9. Platz halten kann.

Im Rahmen von Phase 4 unseres „worst case“ müssen wir jetzt noch aufklären, was bei einem Abstieg von zwei Mannschaften in die Münchner Bezirksliga geschieht. Laut § 28 der Turnierordnung des Schachbezirks München müssen bei zwei Absteigern aus der Regionalliga drei Mannschaften aus der Bezirksliga absteigen. Nach derzeitigem Tabellenstand wären dies neben Neuhausen (Rang 8) auch Tarrasch III (Rang 7) und Deisenhofen I (6). In seinem Schreiben kommt Jan Englert denn auch zum Schluss: Zum sicheren Klassenerhalt muss man in der Bezirksliga Rang 5 erreichen. Da Absteiger aus der Bezirksliga wiederum Mannschaften aus den darunter liegenden A-Klassen-Gruppen verdrängen, gilt dort für den sicheren Klassenerhalt dort Ähnliches (jeweils „Platz 5 ... oder der bessere der beiden 6.-Platzierten sein“).

Ein Wechsel des SK Germering mit seinen vier Mannschaften in den Schachbezirk München würde die ganze Sache natürlich nicht vereinfachen. Vermutlich käme es aber auch hier nicht ganz so „dicke“:
Zum einen belegt Germerings 1. Mannschaft (unter dem alten Vereinsnamen Unterpfaffenhofen) vor der Abschlussrunde Platz 1 der Regionalliga Süd-Ost. Beim spannenden Spitzenduell gegen Trostberg kann am kommenden Sonntag der Aufstieg in die Landesliga Süd klargemacht werden. Schafft Germerings Erste den Aufstieg nicht, kann sie bei einem „Vereinswechsel“ nach München nicht in die „zuständige“ Regionalliga Süd-West umgeordnet werden, sondern müsste in der Münchner Bezirksliga quasi neu anfangen. Und das würden sich die Germeringer wohl dreimal überlegen ... Man wird für den Fall des Nichtaufstiegs wohl auf einen Verbleib Germerings im Schachbezirk Oberbayern tippen dürfen.
Zum anderen bekäme die Bezirksliga, wenn Germering trotz Nichtaufstiegs seiner Ersten in den Schachbezirk München wechselt, eine „Gnadenfrist“. Die Turnierordnung sieht für den Fall von drei Absteigern (Germering I würde als solcher gelten) die temporäre Aufstockung auf zehn Mannschaften vor - der erweiterte Abstieg würde auf die Folgesaison verschoben. Genügend Zeit also für die Münchner Königsklasse, sich auf ein „verschärftes“ Stühlerücken einzustellen.

Verbleiben noch die Germeringer Teams 2 mit 4, die gemäß Planung in die A-, C- und D-Klasse eingeordnet würden. Für C und D sind keine Probleme zu erwarten, schließlich ist dort noch reichlich Platz für neue Mannschaften. Die Älteren unter uns werden sich (seufz) noch an die guten alten Zeiten mit je vier B- und C-Klassen-Gruppen, sowie drei D-Klassen-Gruppen erinnern ...
Auch an der Abstiegsregelung für die C-Klasse würde sich nichts ändern. Die Bezirksspielleitung kündigte vor der MMM 2012 an: „Aus der C-Klasse steigt aus jeder Gruppe der 7.-Platzierte ab“, in Jan Englerts Schreiben heißt es: „Zum sicheren Klassenerhalt muss man ... in der C-Klasse Platz 6 erreichen“.
Übrig bleiben also die A-und die B-Klasse, in denen es im „worst case“ kurzfristig sowie in der Folgesaison tatsächlich zu Gedrängel kommen könnte. Nun werden wir sicherlich auch das überleben. Vielleicht sollten wir als A-Klassist aber vorsichtshalber Englerts Hinweis beachten und in den verbliebenen beiden Wettkämpfen (gegen die beiden führenden Mannschaften!) gute Leistungen zeigen - sicher ist der 5. Platz für uns jedenfalls noch nicht.