Bayerische Mannschaftsmeisterschaft

Stolperstein Landesliga: Rück- und Ausblick

Donnerstag, 1. Oktober 2015 | von Mischa Unger

Foto: Partie IM Kamran Shirazi - FM Ludwig Deglmann

Landesliga Süd 2014/15: FM Ludwig Deglmann (li., Weilheim) gegen IM Kamran Shirazi (MSC)

Die Landesliga Süd zählt traditionell zu den schwierigsten Ligen in Bayern. Dies mussten in der Vergangenheit schon zahlreiche vermeintliche Aufstiegsaspiranten erfahren, die am Ende auf (noch) eine weitere Landesliga-Runde geschickt wurden. Genauso regelmäßig fanden sich als top-solide eingestufte Teams unversehens in den unteren Tabellenregionen wieder und mussten schließlich sogar absteigen. Same procedure as every year: Genauso kam's auch in der Saison 2014/2015.

Fortsetzung:

Als Aufsteiger aus der Regionalliga Süd-West, nach einem Herzschlagfinale gegen Garching II, fühlten wir uns gut gerüstet für die anstehenden Aufgaben in der Landesliga Süd. Insbesondere unser Neuzugang auf Brett 1, der 26-jährige englische GM Gawain Jones (Elo aktuell 2619) verhalf uns nicht nur zu einem gehörigen Zugewinn an Spielstärke, sondern verlieh uns auch ein wenig Glanz. Sind doch Spieler dieser Kategorie, die auch schon zu den Top 100 der Welt zählten, in der Landesliga eher selten anzutreffen. Doch allein mit Glanz und Glamour ist in der „LLS“ kein Blumentopf zu gewinnen: Bereits die 1. Runde holte uns auf den Boden der Tatsachen zurück.

Ein 4:4 gegen eine zähe Mannschaft aus Röhrnbach, die am Ende sogar den Abstieg in die Regionalliga hinnehmen musste, zeigte uns von Beginn an, dass es eine schwere Saison werden würde. Zudem waren die Top-Teams der Liga ebenfalls mit Titelträgern gespickt und machten sich berechtigte Hoffnungen auf einen (den) Platz an der Sonne. Letztlich ist aber nicht die vor der Saison gemeldete Aufstellung für den Erfolg ausschlaggebend. Vielmehr sind es die Spieler, die in den Wettkämpfen zur Verfügung stehen und sich in der Praxis in den Dienst der Mannschaft stellen.

Eine Auswertung auf Basis der „Deutschen Wertungszahlen“ (DWZ, Stand 09.07.2015) aller eingesetzten Spieler zeigt die wahre Rollenverteilung:

Mannschafts- und Brettdurchschnitte (DWZ) Landesliga Süd

Die Mannschaften der Landesliga Süd 2014/15, absteigend sortiert nach ihrem
Mannschaftsdurchschnitt: Ganz links München Südost (MSO) mit dem höchsten Schnitt,
ganz rechts Ingolstadt mit dem niedrigsten. Ablesen lässt sich auch, was durchschnittlich
an den einzelnen Brettern so aufgeboten wurde: Der „ideelle“ Spitzenspieler der
Landesliga Süd 2014/15 zum Beispiel hat eine DWZ von 2329.

Der Landesliga-Meister und Aufsteiger in die Oberliga, die 1. Mannschaft des SK München Südost, brachte auch den besten DWZ-Schnitt an die Bretter, dicht gefolgt von Weilheim, das folgerichtig auch in der Abschlusstabelle auf dem 2. Platz landete. Der MSC 1836 liegt in dieser Statistik auf Rang 4, und das wiederum lässt den 3. Platz in der Abschlusstabelle durchaus als Erfolg erschei­nen. Röhrnbach und Unterhaching liegen im DWZ-Schnitt im Mittelfeld und wurden vor der Saison sicherlich nicht als Absteiger gehandelt.

Ein Blick auf die Abschlusstabelle ist ein weiterer Beleg für die extreme Ausgeglichenheit der Liga, liegt doch der Aufsteiger München Südost lediglich drei Mannschaftspunkte vor den geteilten Tabellensechsten und -siebten Tarrasch München und Rottal:

Abschlusstabelle Landesliga Süd 2014/15

Die Abschlusstabelle der Landesliga Süd 2014/15

Den Statistikfans unter den Lesern wird vermutlich folgende Grafik gefallen, welche die Verteilung der Mannschaftsergebnisse sichtbar macht:

Ergebnisverteilung Landesliga Süd 2014/15

Die Ergebnisverteilung der Landesliga Süd 2014/15 ist ein weiteres Indiz
für die Ausgeglichenheit der Liga: Von insgesamt 45 Wettkämpfen wurden nur zwei
wirklich hoch gewonnen, bei mehr als der Hälfte jedoch stand es Spitz auf Knopf.

So sehr ein Aufstieg für uns im Bereich des Möglichen lag, so sehr war auch jeder andere Ausgang denkbar, vom Abstieg vielleicht einmal abgesehen. Dies soll kein Ausdruck von Arroganz sein. Vielmehr ist diese Aussage der Zahl von nicht weniger als fünf Titelträgern geschuldet, die Be­standteil unseres Kaders waren und allesamt auch zum Einsatz kamen.
Zu einem Rückblick gehört auch die Würdigung besonderer Einzelleistungen, ohne dabei in die Einzelkritik zu gehen. Augenfällig sind natürlich die 100%-Ergebnisse von GM Gawain Jones an Brett 1 sowie von IM Dr. Dirk Hennig, die beide 4 aus 4 holten. Auch die 5 aus 7 von IM Edin Pezerovic, der an Brett 1 und 2 spielte und dabei ohne Niederlage blieb, sind sehr stark ein­zuschätzen. Erfolgreichster Spieler ohne FIDE-Titel war Marco Otte mit beachtlichen 4½ aus 7.

IM Aco Alvir

Neu beim MSC: IM Aco Alvir (links, Elo 2355),
hier beim Augsburger Friedensfest Schachopen AFRO 2015

Kaum ist die alte Saison vorbei, schon steht die neue vor der Tür ... Prognosen für die kommende Saison möchte ich an dieser Stelle aber lieber nicht abgeben. Wie der kurze Rückblick gezeigt hat, kann man damit ganz schön auf die Nase fallen und sich als Banause outen. Das lasse ich lieber, stattdessen soll sich jeder ein eigenes Bild von der Stärke der Liga und unserer Mannschaft machen. Drei Neuzugänge, zwei davon mit dem Titel „Internationaler Meister“ sollen nicht nur unseren Kader verstärken, sondern uns auch für die einzelnen Wettkämpfe mehr Flexibilität verleihen. Bei den Neuen handelt es sich um den österreichischen IM Aco Alvir, den 26-jährigen serbischen IM Milos Lapcevic, der in der Vorsaison noch erfolgreich in der Regionalliga Süd-West (für Haun­stetten) auf Punktejagd ging, sowie Dr. Robert Zeier, der vom badischen SV Pfinztal zu uns wechselte. Der komplette Kader unserer 1. Mannschaft findet sich wieder im Ligamanager des Bayerischen Schachbundes.

IM Milos Lapcevic

Neuzugang Nr. 2:
IM Milos Lapcevic (Elo 2376),
hier im Dress des serbischen Teams
bei der Sommer-Universiade 2013

Verstecken braucht sich der MSC 1836 in der kommenden Landesliga-Saison sicher nicht. Ich denke, wir können wieder eine gute Rolle spielen. Den Aufstieg als Ziel aus­zugeben, hielte ich angesichts der eingangs beschriebe­nen Chakteristik der Landesliga Süd aber für verwegen ;-). Zumal die Sache eher noch schwerer wird: Aus der Oberliga kommen gleich zwei amtsbekannt zähe Mann­schaften herunter, und die beiden Aufsteiger aus den Regionalligen Süd-Ost und Süd-West haben es ebenfalls in sich. Stellvertretend für alle anderen Teams habe ich „zum Genießen“ weiter unten einmal die Aufstellungen von Garching II und Deggendorf gegenübergestellt.

Dr. Robert Zeier

Neuzugang Nr. 3:
Dr. Robert Zeier (Elo 2116)

Der Startschuss fällt schon am 11. Oktober mit einem Heimspiel gegen die 1. Mann­schaft des SC Dillin­gen - bereits ein ech­ter Prüfstein gegen einen langjährigen Oberligisten mit star­ken jungen Spielern. Der komplette Spielplan und alle Mann­schaftsaufstellungen der Landesliga Süd sind wie gehabt im Ligamanager des Bayerischen Schachbundes veröffentlicht. Damit möchte ich meinen Artikel über die Landesliga be­schließen. Alle MSC-Fans sind aufgerufen, uns auch in der kommenden Saison feste die Daumen zu drücken!

Landesliga Süd 2015/16, Mannschaftsvergleich Garching II und Deggendorf

Garching II zwar ohne GMs oder IMs, dafor aber gleichmäßig gut besetzt und sogar an Melde-
nummer 8 noch mit FM (Schöllmann). Deggendorf wieder mit seinen Wertungsungeheuern
Sedlak und Delchev an 1 und 2, sowie Neuzugang Novak Cabarkapa an 4. Der ist trotz seiner
erst 19 Lenze schon Internationaler Meister - wir haben das natürlich bemerkt und es
in der Aufstellung nachgetragen ;-).

IM Kamran Shirazi

Nochmal Kamran Shirazi in seiner Partie gegen den Weilheimer Ludwig Deglmann

Marco Otte

Marco Otte (MSC) im Heimkampf gegen Weilheim

Foto: Partie FM Klaus de Francesco - IM Viktor Dmitrenko

Fernblick auf die Partie
FM Klaus de Francesco (li., Weilheim) gegen IM Viktor Dmitrenko (MSC)

Foto vom Landesliga-Wettkampf MSC gegen Weilheim

Vier MSC'ler an der Perlenschnur aufgereiht:
Von hinten nach vorn Adam Hantak, Mischa Unger (gegen den Weilheimer
Peter Mayerhofer), Oleksandr Kalinin und Dr. Philip Heuser